Drei Wochen Hamburg – sehr interessante Erfahrungen und Erlebnisse. Dieses Mal kann ich von der Demo der PiA’s und deren Hintergründe berichten.
Psychotherapeutinnen und -therapeuten in Ausbildung (Kurz PiA) haben in Deutschland kein einfaches Leben. Sie werden von ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern regelrecht ausgebeutet. Meist sind sie prekärer beschäftigt und erhalten wenig bis gar kein Geld für ihre Arbeitsleistung. Die deutschen Gesetze macht diesen Missstand erst möglich.
Wer sich für den Beruf des Psychotherapeuten/Psychotherapeutin in Deutschland entscheidet, hat während seiner Ausbildung keinen gesetzlichen Anspruch auf Entlohnung. Im Psychotherapeutengesetz gibt es ein Wirrwarr an Regelungen, die dies möglich machen. Die verschiedenen Aspekte der Qualifizierung sind im Gesetz ungeregelt. Eine Beschäftigung von PiAs vom ungeregelten Gaststatus ohne Vertrag über PraktikantInnenverträge bis hin zum Angestelltenverhältnis ist möglich.
Nach dem abgeschlossenenStudium (Master in Psychologie) kann man die dreijährige Ausbildung zum Psychotherapeuten/ zur Psychotherapeutin machen. In dieser Zeit ist man der Willkür des Arbeitgebers ausgesetzt. Für eine Vollzeitbeschäftigung erhalten die PiA bei vollem Arbeitseinsatz im Schnitt 4,50€ brutto in der Stunde. Manche werden schon beim Einstellungsgespräch darauf hingewiesen, dass es während der „Einlernphase“ keine Bezahlung gibt. Diese Einlernphase kann von den ArbeitgeberInnen sehr weit ausgedehnt werden. Individuelle Verhandlungen über die Entlohnung gestalten sich meist schwierig, da es sich um ein Pflichtpraktikum handelt. Bei einem Pflichtpraktikum müssen die Auszubildenden nicht bezahlt werden.„Du behandelst teilweise Leute mit Burnout, die sich über ihre Arbeitsverhältnisse beschweren – kriegst aber selbst für deine Vierzig-Stunden-Woche nicht einmal 400 Euro“ wie manche PiA berichten. Dieser Umstand macht die Arbeit für die TherapeutInnen auch nicht einfacher!
Viele PiA sind während ihrer Ausbildung auf Nebenjobs angewiesen. Dadurch verlängert sich bei einigen die Ausbildungszeit erheblich. Die Pflichtstunden für das erfolgreiche Absolvieren der Ausbildung müssen nachgewiesen werden.
Stundenanteile
Theoretische Ausbildung: 620 Stunden
Selbsterfahrung: 120 Stunden
Praktische Tätigkeit I: 1200 Stunden
Psychiatrie Praktische Tätigkeit II: 600 Stunden Psychosomatik / Psychotherapie
Praktische Ausbildung: 600 Stunden Behandlung von PatientInnen (unter Supervision)
Supervision: 150 Stunden
Vor- und Nachbereitung aller Fächer und Lerneinheiten: mind. 930 Stunden
Außerdem fallen noch Kosten (durchschnittlich 25.000€) für Kurse (Supervision, Selbsterfahrung) an, die von den PiAs selbst zu tragen sind. Eine zeit- und kostenintensive Ausbildung, für die man kaum eine finanzielle Abgeltung bekommt.
Gemeinsam nehmen PiA und Ver.di den Kampf gegen die Ausbeutung dieser Berufsgruppe während ihrer Ausbildung auf. Bleibt nur zu hoffen, dass ihre Forderungen nach „besserer“ Bezahlung der PiA bald gesetzlich geregelt wird. Mit der Demo wurde ein erstes Zeichen gesetzt.