Christophers zweite Woche in München

Auch die zweite Woche in meinem Praktikum gestaltete sich durchaus spannend: bei einem Betriebsbesuch der BR’s der Fa. Infinion wurde mir bewusst, dass es in Deutschland 2 Arten der betrieblichen Interessensvertretung gibt: zum einen natürlich die Betriebsratskörperschaften, die (anders als in Österreich, wo üblicherweise Fraktionen oder Namenslisten bei den BR-Wahlen antreten) als IG-Metall antreten und eindeutig als Gewerkschaftslisten deklariert sind. Zum anderen sind da die Vertrauenskörperschaften, die von den Gewerkschaftsmitgliedern im Betrieb periodisch gewählt werden und sich primär um Mitgliederwerbung und um die Transportation von Gewerkschaftskampagnen in den Unternehmen kümmern – quasi als verlängerter Arm der Gewerkschaft. Diese haben jedoch keinen Kündigungsschutz, was aber aufgrund der im Vergleich zu uns größeren Barrieren für das Unternehmen bei Dienstgeberkündigungen nicht sehr schwerwiegend ist. Apropos Kündigungen: in Deutschland gibt es neben der „normalen“ Kündigung auch eine „ausserordentliche“ Kündigung: diese ist fristlos und muss aus einem besonderen Grund erfolgen. Diese Gründe sind nicht taxativ oder demonstrativ angeführt, sondern müssen individuell geprüft werden. Hierbei erweist sich das Arbeitsgericht aber als sehr hart: gerechtfertigte ausserordentliche Kündigungen bezogen sich z.B. auf die Entwendung von 3 Kiwifrüchten einer Einzelhandelsangestellten, dem Verzehr eines Stücks Bienenkuchens durch eine Buffetmitarbeiterin, oder auf die Entwendung von 1kg Rinderscheiben durch einen 59-jährigen Produktionsmitarbeiter, der seit 29 Jahren im Betrieb beschäftigt war.
Ebenfalls zu erwähnen ist meine Teilnahme am Sozialpoltischen Forum der IG-Metall in Frankfurt, an dem die Konsequenzen der Digitalisierung und der digitalen Transformation für die Beschäftigten und den Sozialstaat diskutiert wurden. Dabei wurde u.a. der Entwurf eines sogenannten Transformationsgeldes vorgestellt: man fordert den Staat auf, soziale Härten, die durch den Wegfall von Arbeitsplätzen durch Digitalisierung entstehen, durch Bildungsmassnahmen und anderen finanziellen Subventionen abzumildern. Auch das derzeitige Rentenmodel wurde kritisch hinterfragt, das österreichische Pensionsmodell hingegen pries man hingegen als vorbildlich für die Beschäftigten an.