Christophers dritte Woche in München

Jetzt durfte ich auch das System der Lohnverhandlungen, in Deutschland „Tarifverhandlungen“ kennen lernen. Am Beispiel der Tariflohnrunden des KFZ-Gewerbes in München, an der ich dabei sein durfte, erfuhr ich, dass Rahmentarifverträge (sogenannte Mantelverträge, die verschiedene inhaltliche Bereiche der Branche abdecken, wie z.B. Ausbildung oder Weiterbildung) nur alle paar Jahre neu verhandelt werden. Auch das Entgelt wird in der Regel nicht jährlich, sondern alle 2 Jahre neu verhandelt. Der Verhandlungspartner der IG-Metall im Bereich des KFZ-Handwerks ist die entsprechende Innung, die aber eine freiwillige Arbeitgeberinteressensvertretung ist und somit nicht alle Unternehmungen in der Fläche Bayerns vertritt. Auch interessant: schon seit vielen Jahren gibt es in Deutschland einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff, also die arbeits- und sozialrechtliche Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten.
Prinzipiell verhandelt die IG-Metall die Lohnerhöhungen nur für ihre Mitglieder, wobei die Arbeitgeber meistens den Tarifabschluss auch für die Nichtmitglieder anwenden. Um zu verhindern, dass das Unternehmen den Nicht-Mitgliedern mehr zahlt, als es der Tarifvertrag für Mitglieder vorsieht, fließen manchmal die Erhöhungen über eine Stiftung an die Gewerkschaftsmitglieder – so hat der Arbeitgeber keinen Einblick, wer nun die Lohnerhöhung bekommt oder nicht. Spannende Geschichte!
Ist ein Unternehmen nicht tarifgebunden, aber die Belegschaft fordert einen solchen für ihre Firma ein, dann übernimmt die IG-Metall die Verhandlungen, sobald der gewerkschaftliche Organisationsgrad über 50 % ist. Begleitet wird der Prozess von zahlreichem Aktionismus bis hin zu Warnstreiks. Tatsächlich musste ich feststellen, dass die Streikbereitschaft – zumindest in den Bereichen, in denen ich im Zuge des Praktikums Einsicht hatte – bei den Deutschen wesentlich höher ausgeprägt ist als bei uns. Das mag an der konsensorientierten Systematik der österreichischen Sozialpartnerschaft geschuldet sein, aber auch an der Mentalität der Deutschen, die von jeher gelernt haben, für ihre Forderungen in der Arbeitswelt „aufzustehen“:
Im Rahmen der Betriebsbesuche durfte ich auch das BR-Team der Fa. Airbus kennen lernen und erfuhr ein wenig von den neuen Herausforderungen in der Luft- und Raumfahrt, mit denen auch der Flugzeughersteller konfrontiert ist. Beispielsweise findet der Airbus 380, immerhin das größte Passagierflugzeug der Welt, offensichtlich zu wenig Abnehmer, sodass die Produktion stark zurückgefahren wurde – was letztendlich auch Arbeitsplätze kosten wird.
Abschließend bin ich zum Entschluss gekommen, dass Deutschland das Land der Abkürzungen ist. Beispiele gefällig? GroKo (Große Koalition), TaKo (Tarifkommission), TelKo (Telefonkonferenz), BaWü (Baden Württemberg), BeVo (Bevollmächtigter, so heißen die Geschäftsführer der IG Metall), BaföG (Berufsausbildungsförderungsgesetz), KiTa (Kindertagestätte),PaKo (Paritätische Kommission), KUG (Kurzarbeitergeld), T-ZUG (tarifvertragliches Zusatzentgelt) usw. usw.