Kollektivverträge und Betriebsräte in Norwegen

Neben meiner Gastgeber Gewerkschaft gibt noch die IndustriEnergie, welche sich um manuell arbeitende KollegInnen kümmert.

Da es ja mein großes Ziel war, auf eine Ölbohrplattform zu kommen – musste ich natürlich auch dort eine Anfrage stellen, wie die KollegInnen dort ihre Arbeit verrichten.

Aber natürlich auch wie andere Dinge funktionieren. Kollektivvertragsverhandlungen, Mitgliederwerbung etc!

Prompt bekam ich einen Termin bei Amlaie Hilde Tofte, die sich unverzüglich meiner annahm und sofort einiges in Bewegung brachte.

In kürzester Zeit saß ich bei Harald Hageland!

Er verhandelt unter anderem Kollektivverträge in der chemischen Industrie!

Nun wie funktioniert das jetzt in Norwegen?!

Grundsätzlich werden Kollektivverträge nur alle 2 Jahre im großen Rahmen verhandelt.

  • Dazwischen gibt es aber eine Runde, wo nur über Gehaltserhöhungen gesprochen wird

Kollektivverträge werden auf nationaler Ebene verhandelt, aber nur 1-2 Kronen mehr pro Arbeitsstunde.

  • Dann wird auf lokaler / Betriebsebene verhandelt von den einzelnen Betriebsräten. Dort gibt es dann je nach Verhandlungserfolg um die 10 Kronen mehr pro Arbeitsstunde.

Das ergibt dann auch 2 verschiedene Kollektivverträge. Einer für die Branche für Norwegen und ein eigener für jeden Betrieb.

Die Betriebsräte

In den Betrieben werden jährlich auf Versammlungen Sprecher / Betriebsräte gewählt, welche die ArbeiterInnen repräsentieren.

Diese Betriebsräte erarbeiten mit der Gewerkschaft ein Forderungsprogramm um dieses zu verhandeln. Dies geschieht bei Konferenzen wie bei uns.

Genau wie bei uns wird dann Tagelang mit den Arbeitgebern verhandelt.

Das besondere ich nur, dass vor einer Eskalation zu einem Mediationsverfahren kommen muss, welches von einer Behörde der Regierung geleitet wird. Erst wenn diese Mediation scheitert, gibt es Kampfmaßnahmen.

Prinzipiell wird die Sozialpartnerschaft hier noch hochgehalten und ist die beste Alternative um schnell Prozesse wie Lohnverhandlungen abzuwickeln.

Natürlich blicken Arbeitgeber auch nach Mittel  Süd und Osteuropa, wo Gewerkschaften geschwächt werden. Aber da das Land doch andere Voraussetzungen bietet (Öl Vorkommen, keine wirklichen Grenzen zu Billiglohnländer) wird hier nur geträumt und der Erfolgreiche Weg der Sozialpartner forgeführt.

Es ist hier auch „normal“ dass KollegInnen von Arbeitgeberverbänden zu Gewerkschaften wechseln.

Nun einige Fakten:

Löhne:

  • Arbeiter auf einer Öl Plattform (Service und Bau einer Plattform) 6180€ Brutto
  • Bergbau / Elektro / Steinindustrie 4050€
  • Schokoladenindustrie 3555€ Brutto
  • Gastronomie 2865€ Brutto

Es gibt also auch hier Unterschiede in den Branchen – aber nicht so extrem wie bei uns! Denn die Ölindustrie ist auch hier ein Ausreißer.

  • 37,5 Wochenstunden
  • 4 Wochen und 1 Tag Urlaub laut Gesetz, KVs erhöhen auf 5 Wochen
  • Arbeitszeit wird ausschließlich im KV geregelt. Außer besondere Schichtmodelle, können im Betrieb, aber NUR mit Zustimmung der Gewerkschaft, verhandelt werden.
  • Pensionsalter wurde auch 70 erhöht. Durchschnitt in Norwegen liegt derzeit bei 65. Es gibt viele Modell für Menschen die nicht mehr arbeiten können, um früher in Pension zu gehen.

Prinzipiell wird hier Arbeit oder die Unterschiede in den verschiedenen Branchen von der Gesellschaft anders wahrgenommen als bei uns. Zum Beispiel wird im Winter länger gearbeitet als im Sommer – aber hier geht im Dezember auch die Sonne erst um 09:00 auf und um 15 Uhr wieder unter. Und wer will da schon am Nachmittag im Park sitzen J Dafür ist es im Juni von 04:00 bis 22:30 hell! Das ist dann die Zeit wo auch die Norweger wieder strahlen!

Leider war es nicht möglich, in so kurzer Zeit auf eine Offshore Plattform zu kommen. Aber ich möchte mich trotzdem bei allen KollegInnen bedanken, die mir so viele Ideen, Informationen und vor allem Inspirationen zukommen haben lassen.