Sarah Wiktorski – Trades Union Congress (TUC)

Heute war ich zu Gast bei Sarah Wiktorski vom Trades Union Congress (TUC).

Der TUC ist ein Gewerkschaftsverband, der die Mehrheit der Gewerkschaften vertritt. Es gibt fünfzig angeschlossene Gewerkschaften mit insgesamt etwa 5,6 Millionen Mitgliedern. Die Aufgabe des TUC ist es, die Gewerkschaften dabei zu unterstützen zu wachsen und sich für alle einzusetzen, die für ihren Lebensunterhalt arbeiten. Sie setzen sich auch für mehr und bessere Arbeitsplätze ein.

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Ausbildung bei der Mafia!

Ausbildung bei der Mafia?

Ganz genau! Ok, vielleicht nur in einem Gebäude der Mafia… einem früheren Gebäude der Mafia. In Italien ist es kraft Gesetz möglich, die Mafia zu enteignen und den Besitz an gemeinnützige Organisationen zu übergeben. Gefällt mir!

Dieses wunderschöne Gebäude am Stadtrand von Mailand war früher im Besitz der Mafia und diente als Hauptquartier für zahlreiche kriminelle Aktivitäten in der Region Lombardia.

Wenn man heute durch dessen Türe geht, erscheint das komplett surreal. Nach einer freundlichen Begrüßung wird uns erklärt, dass hier heute Jugendliche leben, die entweder verwaist sind oder sonst kein Zuhause haben. Sie bieten die großzügigen Räumlichkeiten für Seminare an, kochen für uns und versorgen uns mit allem was wir für unser Seminar benötigen.

Zumindest ebenso spannend wie die Location ist das Thema des Seminars: „Entscheidungen gemeinsam treffen“

Ziel ist es, alle Hierarchieebenen bis hin zum einzelnen Mitglied in die Findung von Positionen und Entscheidungen der CGIL einzubinden.

Nach einer motivierenden Rede der Generalsekretärin der CGIL Lombardia Elena Lattuada wird Fahrt aufgenommen:

Elena Lattuada, Generalsekretärin der CGIL Lombardia

In verschiedenen Gruppen werden sofort viele gesellschaftspolitische Themen diskutiert und Lösungsansätze gesucht. Übrigens: Auch die Themenliste für die Diskussionen wurden gemeinschaftlich erstellt.

Wichtig ist noch anzumerken, dass dieses Seminar nur der Startschuss für eine ganze Reihe an Workshops ist, bei denen Mitbestimmung bis in die untersten Ebenen der CGIL getragen werden soll. Hoffentlich klappt es. 🙂

Christophers dritte Woche in München

Jetzt durfte ich auch das System der Lohnverhandlungen, in Deutschland „Tarifverhandlungen“ kennen lernen. Am Beispiel der Tariflohnrunden des KFZ-Gewerbes in München, an der ich dabei sein durfte, erfuhr ich, dass Rahmentarifverträge (sogenannte Mantelverträge, die verschiedene inhaltliche Bereiche der Branche abdecken, wie z.B. Ausbildung oder Weiterbildung) nur alle paar Jahre neu verhandelt werden. Auch das Entgelt wird in der Regel nicht jährlich, sondern alle 2 Jahre neu verhandelt. Der Verhandlungspartner der IG-Metall im Bereich des KFZ-Handwerks ist die entsprechende Innung, die aber eine freiwillige Arbeitgeberinteressensvertretung ist und somit nicht alle Unternehmungen in der Fläche Bayerns vertritt. Auch interessant: schon seit vielen Jahren gibt es in Deutschland einen einheitlichen Arbeitnehmerbegriff, also die arbeits- und sozialrechtliche Gleichstellung von Arbeitern und Angestellten.
Prinzipiell verhandelt die IG-Metall die Lohnerhöhungen nur für ihre Mitglieder, wobei die Arbeitgeber meistens den Tarifabschluss auch für die Nichtmitglieder anwenden. Um zu verhindern, dass das Unternehmen den Nicht-Mitgliedern mehr zahlt, als es der Tarifvertrag für Mitglieder vorsieht, fließen manchmal die Erhöhungen über eine Stiftung an die Gewerkschaftsmitglieder – so hat der Arbeitgeber keinen Einblick, wer nun die Lohnerhöhung bekommt oder nicht. Spannende Geschichte!
Ist ein Unternehmen nicht tarifgebunden, aber die Belegschaft fordert einen solchen für ihre Firma ein, dann übernimmt die IG-Metall die Verhandlungen, sobald der gewerkschaftliche Organisationsgrad über 50 % ist. Begleitet wird der Prozess von zahlreichem Aktionismus bis hin zu Warnstreiks. Tatsächlich musste ich feststellen, dass die Streikbereitschaft – zumindest in den Bereichen, in denen ich im Zuge des Praktikums Einsicht hatte – bei den Deutschen wesentlich höher ausgeprägt ist als bei uns. Das mag an der konsensorientierten Systematik der österreichischen Sozialpartnerschaft geschuldet sein, aber auch an der Mentalität der Deutschen, die von jeher gelernt haben, für ihre Forderungen in der Arbeitswelt „aufzustehen“:
Im Rahmen der Betriebsbesuche durfte ich auch das BR-Team der Fa. Airbus kennen lernen und erfuhr ein wenig von den neuen Herausforderungen in der Luft- und Raumfahrt, mit denen auch der Flugzeughersteller konfrontiert ist. Beispielsweise findet der Airbus 380, immerhin das größte Passagierflugzeug der Welt, offensichtlich zu wenig Abnehmer, sodass die Produktion stark zurückgefahren wurde – was letztendlich auch Arbeitsplätze kosten wird.
Abschließend bin ich zum Entschluss gekommen, dass Deutschland das Land der Abkürzungen ist. Beispiele gefällig? GroKo (Große Koalition), TaKo (Tarifkommission), TelKo (Telefonkonferenz), BaWü (Baden Württemberg), BeVo (Bevollmächtigter, so heißen die Geschäftsführer der IG Metall), BaföG (Berufsausbildungsförderungsgesetz), KiTa (Kindertagestätte),PaKo (Paritätische Kommission), KUG (Kurzarbeitergeld), T-ZUG (tarifvertragliches Zusatzentgelt) usw. usw.

Gründung eines weltweiten Kommunikations/Solidaritätsforums für den Freseniuskonzern in Frankfurt

In meiner 3. Woche durfte ich mit meinem lieben Kollegen und „Betreuer“ Adrian Durtschi nach Frankfurt am Main reisen.

Frankfurt ist ein Zentrum des Kapitalismus und, wie uns Alfred Kraus gelehrt hat, unter anderem auch der Sitz der Europäischen Zentralbank

Der Zweck dieser Reise lag, wie schon in der Überschrift betitelt, in der Gründung eines weltweiten Forums der Fresenius Mitarbeiter.

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Tom Arthur MSP – Heiße BREXIT-Debatte direkt im schottischen Parlament!

Gestern hatte ich einen Termin mit Tom Arthur (Thomas Compton Arthur), der ein Mitglied des schottischen Parlaments ist und Mitglied der Scottish National Party (SNP). Die Scottish National Party ist eine nationalistische, sozialdemokratische Partei, die stark nach der Unabhängigkeit Schottlands strebt. Sie ist die zweit stärkste Partei an Mitgliedern in UK – gleich nach der Labour Party und vor den Konservativen.

Das Treffen fand direkt im schottischen Parlament statt, weshalb ich mit dem Zug von Glasgow nach Edinburgh gereist bin.

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Eine Woche bei Byggnads

Byggnads in Schweden ist bei uns in Österreich die Gewerkschaft Bau -Holz. Linn Svansbo nahm sich eine Woche Zeit und gestaltete ein sehr abwechslungsreiches Programm. Byggnads ist eine Gewerkschaft, die zu 98,6% aus männlichen Mitgliedern besteht. Und es ist die Gewerkschaft, die einen regelrechten Mitgliederzuwachs vorweisen kann. Derzeit gibt es ca. 102.730 Mitglieder und davon ist etwa 1/3 jünger, als 30. Byggnads gibt es bereits seit 1889.

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Christophers zweite Woche in München

Auch die zweite Woche in meinem Praktikum gestaltete sich durchaus spannend: bei einem Betriebsbesuch der BR’s der Fa. Infinion wurde mir bewusst, dass es in Deutschland 2 Arten der betrieblichen Interessensvertretung gibt: zum einen natürlich die Betriebsratskörperschaften, die (anders als in Österreich, wo üblicherweise Fraktionen oder Namenslisten bei den BR-Wahlen antreten) als IG-Metall antreten und eindeutig als Gewerkschaftslisten deklariert sind. Zum anderen sind da die Vertrauenskörperschaften, die von den Gewerkschaftsmitgliedern im Betrieb periodisch gewählt werden und sich primär um Mitgliederwerbung und um die Transportation von Gewerkschaftskampagnen in den Unternehmen kümmern – quasi als verlängerter Arm der Gewerkschaft. Diese haben jedoch keinen Kündigungsschutz, was aber aufgrund der im Vergleich zu uns größeren Barrieren für das Unternehmen bei Dienstgeberkündigungen nicht sehr schwerwiegend ist. Apropos Kündigungen: in Deutschland gibt es neben der „normalen“ Kündigung auch eine „ausserordentliche“ Kündigung: diese ist fristlos und muss aus einem besonderen Grund erfolgen. Diese Gründe sind nicht taxativ oder demonstrativ angeführt, sondern müssen individuell geprüft werden. Hierbei erweist sich das Arbeitsgericht aber als sehr hart: gerechtfertigte ausserordentliche Kündigungen bezogen sich z.B. auf die Entwendung von 3 Kiwifrüchten einer Einzelhandelsangestellten, dem Verzehr eines Stücks Bienenkuchens durch eine Buffetmitarbeiterin, oder auf die Entwendung von 1kg Rinderscheiben durch einen 59-jährigen Produktionsmitarbeiter, der seit 29 Jahren im Betrieb beschäftigt war.
Ebenfalls zu erwähnen ist meine Teilnahme am Sozialpoltischen Forum der IG-Metall in Frankfurt, an dem die Konsequenzen der Digitalisierung und der digitalen Transformation für die Beschäftigten und den Sozialstaat diskutiert wurden. Dabei wurde u.a. der Entwurf eines sogenannten Transformationsgeldes vorgestellt: man fordert den Staat auf, soziale Härten, die durch den Wegfall von Arbeitsplätzen durch Digitalisierung entstehen, durch Bildungsmassnahmen und anderen finanziellen Subventionen abzumildern. Auch das derzeitige Rentenmodel wurde kritisch hinterfragt, das österreichische Pensionsmodell hingegen pries man hingegen als vorbildlich für die Beschäftigten an.